Dass Kunst oftmals eher Berufung als Beruf ist, beweist die Unternehmerin Claudia Steinfels. Nach Promotion an der Universität Zürich, hat die Schweizerin, als Geschäftsführerin von Christie's in Zürich und geschäftsführende Direktorin von Sotheby's Zürich, nicht nur einige der spektakulärsten Verkäufe der Schweiz auktioniert, sondern auch viel über die Leidenschaft des Kunstsammelns gelernt. Mittlerweile leitet sie ihr eigenes, erfolgreiches Unternehmen für Kunstberatung in Zürich und London. Akris sprach mit der Unternehmerin darüber, was eine gute Auktion ausmacht und was sie persönlich an einem Kunstwerk fasziniert.
Frau Steinfels, wie sind Sie zur Kunst gekommen? Was hat Sie besonders fasziniert?
Eine Begeisterung seit Kindheitstagen, die bald zu einer Passion heranwuchs. Unsere Familienferien waren geprägt von Tempel- und Museumsbesuchen, von Kirchen- und Palazzi-Besichtigungen, was mich schon damals inspirierte und bereicherte. Die Henri Matisse-Retrospektive 1982 im Kunsthaus Zürich, die wir als Gymnasialklasse erkundeten, war sicherlich ein zündender Moment: die Farbmagie, die neuen Perspektiven, die Verschmelzung von Kulturen in den Bildern.
Sie waren jahrelang geschäftsführende Direktorin von Sotheby's Zürich und agierten dort auch als Auktionatorin. Was macht eine gute Auktion aus?
Qualitativ hochstehende Objekte, die im Trend liegen, zu attraktiven Schätzpreisen anbieten zu können, und ein interessanter Objekt-Mix, der verschiedene Sammlerwünsche anspricht.
Und was eine gute Auktionatorin?
Interesse am vis-a-vis und seinen Bedürfnissen, Freude am Agieren, Entschlossenheit, Dynamik, Konzentration.
Mittlerweile beraten Sie mit ihrem Unternehmen Kunstsammler:innen. Was macht die Leidenschaft einer Sammlerin oder eines Sammlers aus?
Die Suche nach dem Schönen, aber auch Herausfordernden, die Neugier auf Unkonventionelles und Avantgardistisches – jeder Epoche.
Was braucht ein Kunstwerk, damit es Sie persönlich begeistert?
Originalität, Einzigartigkeit und eine intensive Ausstrahlung.
Ihre Expertise ist die Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts, als Schweizerin natürlich auch die Schweizer Kunst. Gibt es so etwas wie eine Lieblingskünstlerin oder Lieblingskünstler?
In der Jugend war mein Wunschduo der Bronze-Hund von Alberto Giacometti vor einem grossformatigen farbintensiven Mark Rothko. Heute ist es ein Bouquet von Objekten aus der Kunstgeschichte. Ich lasse mich immer wieder gerne von grossartiger Kunst begeistern.
Viele grosse Unternehmen verschreiben sich dem Kultursponsoring – Sie selbst waren in diesem Bereich in den 1990er Jahren tätig – und bauten einige bedeutende Sammlungen auf. Worin besteht hierbei vor allem die Förderung von jungen Künstlerinnen und Künstlern?
Viele Corporate Collections wollen ganz bewusst junge Künstler fördern; dies hat vor allem mit der Positionierung eines Unternehmens zu tun. Nicht zuletzt ist es natürlich spannend, auf die Pirsch zu gehen und nach vielversprechenden Talenten zu suchen.
Was ist der beste Rat, den Sie in Ihrer Arbeit jemals erhalten haben?
Agiere aus Überzeugung.
Und welchen Rat würden Sie jungen Frauen geben, die in den Kunstmarkt einsteigen wollen?
Es ist ein faszinierendes Feld, solange man die Passion hat und den Arbeitseinsatz nicht scheut. Ich rate zu Offenheit für sich bietende Optionen des Erfahrungsgewinns und zu einer intensiven Auseinandersetzung mit jenem Kunstbereich, der besonders begeistert. Zudem sind im Kunstmarkt Netzwerke von enormer Wichtigkeit.
Was treibt Sie an? Was bedeutet es für Sie, einen „Purpose“ zu haben?
Eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Was wäre das Leben ohne „Purpose“…?
Und wie schalten Sie ab?
Schwimmen im Zürichsee, das ganze Jahr über.